„Nicht gemotzt ist Kompliment genug.“
Ein Satz, den ich noch nie verstehen konnte. Warum dieser für die Männerkolumne wichtig ist? Gegenfrage: Wie oft hast du als Mann von einem anderen Mann ein Kompliment bekommen? Das wird schnell als „schwul“ oder unmännlich abgestempelt.
Ich merke das auch oft in Workshops: Wenn ich die Jungs mal ne Übung machen lasse, in der sie einem Mitschüler ein Kompliment machen sollen, dann sind sie gnadenlos überfordert, kommen ins Stottern oder überspielen es mit Coolness oder Albernheit. Mich wundert das nicht. Wenn Väter ihren Söhnen so selten Komplimente machen, wie sollen die Jungs dann wissen, dass sie okay sind?
Ich habe heute bei meinem Vortrag die Jungs gefragt, was sie an sich mögen. Fast keinem ist wirklich etwas eingefallen. Selbst nach fünf Minuten hatten viele Jungs höchstens eine Eigenschaft an sich entdeckt und die war meistens mit einem dicken „vielleicht“ oder „möglicherweise“ entschärft. Ich finde es sehr traurig.
Uns Männern ist leider viel zu selten klar, welche großartigen Facetten wir haben, auf die wir alle stolz sein können. Sei es ein ansteckendes Lächeln, Loyalität, Mut, Einfühlungsvermögen, Durchhaltevermögen, usw. Mein Appell an uns Männer: Wir können uns echt öfters mal ein bisschen Zeit nehmen und überlegen, was wir an uns schätzen. Vielleicht fällt uns dann auf, dass wir gar nicht unbedingt n Sixpack brauchen, um der richtigen Frau zu gefallen, oder sonst irgendeinem Ideal nachrennen müssen.
Wenn wir wir sind und das so annehmen können, dann sind wir perfekt. Das Beste daran: Wenn man die Übung öfters macht, dann fällt einem immer noch mehr tolles an sich auf. Und hey: Das hat nichts mit Selbstverliebtheit zu tun, sondern nur mit dem Bewusstwerden seiner selbst. Als ihr euch davor nur eurer Schwächen bewusst wart, wart ihr ja auch nicht selbstverhasst. Und wenn du merkst, wie gut dir Komplimente tun, dann beginne doch einfach mal damit, auch anderen Männern mehr Komplimente zu machen und schau, was passiert.
Denn auch wir brauchen Komplimente, die über die Standardsprüche hinausgehen, um diesem ständig wachsenden Selbstoptimierungsdruck zu entfliehen.
Rob